Begrenzte Horizonte II
oder das Ende der geistigen Festplatte
Kein großer Dichter oder Schriftsteller, kein großer Denker oder Künstler konnte sich dem tiefen und elementaren Bewusstsein entziehen, irgendwie und irgendwo in der Natur verwurzelt zu sein. Auch im wahren religiösen Glauben wurde dies immer empfunden, wenn auch nicht wirklich begriffen. Bis zur Entdeckung der kosmischen Orgonenergie wurde die Erfahrung der eigenen Verwurzelung in der Natur entweder in transpersonellen, spirituellen Vorstellungen mystifiziert, oder sie wurde einem unergründlichen, auf ewig verschlossenen Gefilde zugeschrieben, das für den Menschen unerreichbar ist. Genau darum sind aus der Suche nach Wissen immer wieder mystische, irrationale, methaphysische und abergläubische Vorstellungen hervorgegangen. Wieder einmal gilt also: "Jeder hat irgendwie Recht, nur weiß er nicht, in welcher Hinsicht er Recht hat." Die Entdeckung des kosmischen Orgonozeans, seine reale Existenz, seine konkrete physikalische Erscheinung, wie sie uns in der strömenden Lebensenergie in lebenden Organismen begegnet, setzt dem Zwang, jede tiefere Suche in irreale mystische Erfahrungen zu verwandeln, ein Ende.
Das Menschentier wird sich allmählich an
die Tatsache gewöhnen, dass es seinen Gott
gefunden hat, und kann nun damit beginnen,
"Gottes" Wege auf praktische Weise zu
erforschen. Das Menschentier mag sich
durchaus noch jahrhundertelang gegen die
Selbstwahrnehmung wehren; vielleicht
wird es auch fortfahren, auf diese oder jene
Weise all diejenigen zu morden, die durch
orgonomische Enthüllungen seine selbstauferlegte
Blindheit bedrohen. Als mechanistisch
oder in chemischen Begriffen denkender
Mensch wird er diese zutiefst physikalischen
Einsichten vermutlich als
Rückkehr zur Phlogistontheorie oder zur
Alchimie diffamieren, und der religiöse
Fanatiker wird vielleicht ein solches Streben
nach Erweiterung des Wissens als
einen Angriff auf die erhabene Vorstellung
von einem unergründlichen Gott, als eine
verbrecherische Gotteslästerung betrachten.
Wie dem auch sei, das Geschehene
lässt sich nun nicht mehr rückgängig
machen. Die Entdeckung des kosmischen
Orgonozeans und seiner bioenergetischen
Funktionen bleibt bestehen.
Wilhelm Reich
Literaturempfehlung: Wilhelm Reich „Die kosmische Überlagerung“, Zweitausendeins